Dienstag, 6. Dezember 2011

La Corrida

Zurzeit findet hier die Fiesta de Quito statt oder auch Feria de Quito genannt.
Im Rahmen dieser Festtage finden auch die Corrida genannten Stierkaempfe statt.

Mit Isa, einer Deutschen die gerade den amerikanischen Kontinent von Nord nach Sued durchreist,
habe ich immer gefruehstueckt. Dabei haben wir dann zwei morgende lang ueber diese Stierkaempfe diskutiert, Erfahrungen ausgetauscht, etc.
Und wir kamen zu dem Ergebnis, dass wir uns das einmal anschauen wollen...

So haben wir uns am Freitag um halb zwoelf vor der Arena de Toros verabredet.
Wegen meiner Irraktion (ueber die schreib ich noch...) hab ich sogar ein Taxi genommen.
Das extrem hohe Verkehrsaufkommen zur Mittagszeit in Quito hat dazu gefuehrt, dass ich trotzdem
erst um 11:59 vor der Arena de Toros angekommen bin.

Ich war aber definitiv nicht die letzte. In dem Moment als ich das Taxi verlassen habe
und die riesige Menschenmasse wahrgenommen hab, habe ich auch jegliche Hoffnung begraben,
doch noch Isa zu finden.

In das Stimmengewirr der Besucher hat sich das Geschrei der Frauen und Maenner gemischt,
die die Karten auf der Strasse angeboten haben.

Ich hab mir tapfer meinen Weg zu den Kassen gebahnt, obwohl ich mir in dem Moment schon
nicht mehr so sicher war, ob ich das wirklich sehen will...

Ich war noch ungefaehr 2 Meter von der Kasse entfernt, als mich eine junge Frau angesprochen hat und mir eine Karte anstatt fuer 18 $ nur fuer 15 $ verkaufen wollte. Ich hatte aber gehoert, dass es auch Karten fuer 12 $ gibt und war deshalb total unschluessig. Ich hab die Frau dann so lange hingehalten bis ich an der Kasse nach dem Kartenpreis fragen konnte. Dabei hat sich herausgestellt, dass die guenstigste Karte inzwischen 20 $ kostet. Da hab ich natuerlich bei der Karte fuer 15 $ zugeschlagen xD Soo viel war mir dieses Spektakel dann doch nicht wert...

Genau in diesem Moment hoere ich jemanden "Lisa!" rufen. Ich war einigermassen verwirrt, wen ich hier kennen koennte :D Es war dann tatsaechlich Isa, die ebenfalls ewig mit dem Bus gebraucht hat, weil sie erst in den 3. oder 4. Bus hineingekommen ist, weil alles so voll waren.

Als wir in der Schlange Stierkampf verrueckter Ecuadorianer standen, waren wir uns beide nicht mehr so sicher, warum wir das eigentlich hatten erleben wollen. Zumal sich herausgestellt hat, dass es die totale Schickeria anspricht... Die Leute kamen in den besten und gewagtesten Klamotten. Angefangen bei den teuren Hemden der Herren (ich sag nur Lacoste-Krokodil), bis zu den 10cm Stilettos der Damen...
Isa und ich kamen uns da in unseren Gammel-Klamotten leicht underdressed vor xD

Auch dem Cowboy-Hut-Fieber konnten wir nicht allzuviel abgewinnen :D

Als sich dann endlich die Tore der Arena oeffneten hab ich mich innerlich schon auf das schlimmste eingestimmt :p

Wir wurden von der begeisterten Menge vorwaerts geschoben und innerhalb von Minuten war die Arena zum Bersten voll! Und wir dachten noch, Freitags um 12 Uhr haben sicher nicht so viele Zeit xD


Nach einer enthusiastischen Begruessungsrede und gefuehlten eine Million "Viva Quito!"- "Que Viva!" - Rufen ging es dann auch (endlich) los. Wobei ich gestehen muss, dass ich inzwischen doch wieder gespannt war, wie das so ablauft.

Begonnen wurde die Corrida vom juengsten Matador (Torrero?) mit dem angeblich schwaechsten Stier.
Wie sich dann am Ende herausstellte war dieser Matador der totale Frauenheld! Die Maedchen sind danach auf ihn zugestuermt als ginge es um Leben und Tod... Justin Bieber sollte sich warm anziehn wenn er mal nach Quito kommt :p

Das faszinierende an diesem eigentlich sehr grausamen "Kampf" war unter Anderem auch das Publikum. Fuer jede Aktion des Matadors gab es entweder begeisterte "ole" - Rufe oder, falls die Aktion nicht den Gefallen des Publikums traf, ein Pfeifkonzert. Es herrschte also eine unglaubliche Lautstaerke in der Arena.

Zum Ablauf der Corrida:
* Der Matador begibt sich kurz in die Mitte, posiert ein wenig, winkt und tritt dann wieder
an den Rand

* Der Stier wird unter allgemeinen "Ah" und "Oh" Rufen in die Arena gelassen und dreht
meist ein paar Runden

* Von mehreren Posten aus treiben "Hilfs-Matadoren" (keine Ahnung wie man die nennt) den
Stier im Kreis. Das interessante ist, dass die, sobald der Stier auf sie zugerannt kommt,
sofort die Flucht ergreifen und sich hinter so Barrikaden verschanzen. Ich mein ich wuerde
es nicht anders machen, aber es ist immerhin ihr Job...

* Der "Held der Welt" wie Isa immer ironisch meinte, also der eigentliche Matador haut nicht
ab, sondern weicht dem Stier elegant aus

* Nachdem er das ein paar Mal gemacht hat, betreten zwei Reiter die Arena. Die Pferde tragen
zum Glueck sehr dicke Schutzpanzer, die sind naemlich bitter noetig, denn:

* Wieder kommen die "Hilfs-Matadoren" zum Einsatz und der Stier wird auf einen der Reiter zugetrieben.
Stiere scheinen Pferde nicht besonders zu moegen, zumindest diese nicht. Die Stiere rammen
die Pferde mit voller Wucht und versuche sie irgendwie mit den Hoernern aufzuspiessen, was
zum Glueck der Panzer verhindert. Den Pferden sind die Augen (zum Glueck?) verbunden.

* Waehrend der Stier angreift bohrt der Reiter einen Speer oder so in seinen Ruecken bis Blut fliesst,
dann gibt er Zeichen, dass die Matadoren den Stier weglocken.

* Die Pferde duerfen samt ihren Reitern wieder verschwinden und der Matador bleibt allein
mit dem Stier zurueck. Er darf kurz ein paar "Tricks" vorfuehren und dann:

* wird es ziemlich brutal find ich! 3 Maenner betreten die Arena, jeder mit 2 kurzen Speeren
(?) in der Hand. Sobald der Stier einen von ihnen fixiert, rennen sie auf ihn zu und versuchen
die beiden Speere in seinen Ruecken zu rammen. Wieder gibt es "Ole"- Rufe wenn sie es
schaffen und Pfiffe wenn nicht.

* Die Stiere sind also schon ziemlich geschwaecht und blutueberstroemt, wenn die eigentliche
Show des Matadors beginnt. Ich will das nicht schlecht reden was er macht, es ist schon
total mutig, ich wuerd nur beim Anblick eines solchen Stiers vor mir in Ohnmacht fallen,
aber mir gefaellt die Art einfach nicht, wie er das macht. Rumgepose, rumgepose und totales
Macho-Gehabe! Wie der immer da steht muss der schon laengst so ein Hohlkreuz haben :p



* Nach einer bestimmten Zeit versetzt der Matador dem Stier entweder mit einem Speer
(siehe oben) oder einem Dolch den finalen Stoss und der Stier ist erloest. Aufgrund
zahlreicher Proteste in den vergangenen Jahren wurde es verboten den Stier in der Arena
zu toeten, was mir aber auch ziemlich recht war!



Damit ihr nichts falsches denkt, will ich ne (hoffentlich) kurze Stellungsname geben:
Ich finde es absolut nicht richtig, Stiere zur allgemeinen Belustigung zu toeten. Und mir hat dieses eine Mal mehr als gereicht, dass muss ich mir nie wieder geben. Ich bin mir auch durchaus bewusst, dass ich es unterstuetzt habe, allein dadurch, dass ich auch hingegangen bin. Aber ich wollte wissen, was die Ecuadorianer daran so begeistert. Und ich wollte irgendwie auch verstehen, warum ihnen das so viel bedeutet.
Ich bin hier um ihre Kultur kennen zu lernen, also wollte ich mich darauf einlassen, nachdem die Mehrheit der Ecuadorianer die Corrida zum absoluten "Must-have" erklaert haben.
Mein Fazit war sehr eindeutig: Ich hab keine Ahnung was sie daran so toll finden und was mit den Stieren passiert ist schlichtweg grausam...


Ein paar Bilder noch zum Schluss:
Leider hab ich es nie geschafft im richtigen Moment abzudruecken, aber die Flugzeuge sind hier so dicht ueber die Arena geflogen, dass es immer fuer einen Moment ganz dunkel wurde! Der Flughafen ist hier ja mitten in der Stadt...

Bunte Zuschauermenge als sich ein Regenschauer angekuendigt hat und alle ihre bunten Plastikponchos angezogen haben :D

Lecker Schwein ueberall um die Arena herum... Haben wir uns aber irgendwie nicht getraut xD

Am Schluss wird der Matador natuerlich noch gefeiert ohne Ende, die Frauen werfen ihm Rosen zu, usw. :D

Am naechsten Tag wars die totale Schlagzeile und wir waren live dabei! Der letzte Stier "El Capitan" (uuuuhhh) waere ganz gefaehrlich und der Matador macht ganz gefaehrliche Tricks und auf jeden Fall die Leute waren ganz ausm Haeuschen... Der hat sich naemlich dann hingekniet und wollt den Stier im Knien mit dem Tuch empfangen und wurde dabei total umgerannt bzw. halb aufgespiesst... Das war wirklich nicht ohne und wir waren auch total geschockt! Es sind sofort andere gekommen und haben den Stier versucht wegzulocken... Was irgendwann zum Glueck geklappt hat.




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